Parametrische Verbünde (Grundlagen)

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Parametrische Verbünde sind Sammlungen von Standardobjekten mit zusätzlichen numerischen Parametern ("Gestaltungsfreiheitsgrade" oder "Freiheiten"), die nachträglich geändert werden können. Diese Parameter können auch auf globale Variablen und Attribute in Blöcken und Gruppen zugreifen, um ganze Baugruppen oder Zeichnungen mit einem Klick anzupassen.

 

Die Verbünde werden in mehreren Schritten erzeugt. Zuerst werden alle Objekte mittels des Befehls Verbund erzeugen zu einem Verbund zusammengefügt. Sobald der Verbund erzeugt wurde, kann er anschließend mit mehreren Freiheiten versehen werden. Jede Freiheit verändert die Lage einer Untermenge aller Definitionspunkte innerhalb des Verbundes. Beim Erzeugen komplexer Verbünde sollten Sie sorgfältig vorausplanen und die Anwendungsreihenfolge der Freiheiten beachten.

 

Erzeugen wir mal einen einfachen parametrischen Verbund – einen Winkel mit mehreren Bohrlöchern und einem Langloch. Der Verbund soll die folgenden Parameter besitzen, die vom Benutzer editiert werden können:

 

Winkel mit fünf Parametern

 

Zeichen Sie den Winkel mit sinnvollen Maßvorgaben mit Hilfe der Standardzeichenbefehle in CAD6. In diesem Fall wäre dies eine Fläche mit mehreren Konturen und eine Markierung in der Mitte des Langloches (welche später als Bezugspunkt beim Drehen des Langloches dienen wird). Erzeugen Sie einen Verbund aus diesen beiden Objekten mit dem Befehl Verbund erzeugen. Sie können dem Verbund einen Kommentar wie beispielsweise "Winkel" geben.

 

Nachdem der Verbund erzeugt wurde, fügen wir ihm nun mehrere Freiheiten hinzu. Zuerst fügen wir mittels des Befehls Freiheit hinzufügen, Referenz eine Freiheit vom Typ "Referenz" mit dem Namen "Bohrung" hinzu. Im Dialog, der dazu erscheint, wird als Name der Freiheit "Bohrung" eingegeben. Bei Ist- und Soll-Wert wird jeweils der aktuelle Bohrdurchmesser eingegeben (in der Beispielzeichnung "10,0"). Eine Referenz-Freiheit wird als lokale Variable innerhalb des Verbundes genutzt, die von anderen Freiheiten referenziert werden kann. Sie verändert nichts.

 

Jede Freiheit kann auf die aktuellen Soll-Werte aller vorangehenden Freiheiten des Verbundes zugreifen, indem deren Name umschlossen vom Zeichen ~ benutzt wird (so wie Variablen).

 

Nun fügen wir mittels des Befehls Freiheit hinzufügen, radiale Skalierung insgesamt sechs Freiheiten vom Typ "radiale Skalierung" hinzu, je eine für jedes der vier Löcher und zwei für die Enden des Langloches. Für jede Freiheit werden die beiden Endpunkte gewählt, die die Kreisbögen definieren (markiert mit einem roten Quadrat). Dann werden der Mittelpunkt des Loches als Bezugspunkt und ein Punkt auf dem Kreisbogen als Zielpunkt eingegeben (markiert mit einem blauen Pfeil). Auf diese Art wird effektiv der Radius für jedes der Löcher definiert. Die Freiheiten werden "R1" bis "R6" genannt und als Zielwert wird bei allen jeweils "0,5 * ~Bohrung~" eingegeben:

 

Freiheit "R1"

 

Freiheit "R2"

 

Freiheit "R3"

 

Freiheit "R4"

 

Freiheit "R5"

 

Freiheit "R6"

 

Als nächstes werden zwei Freiheiten vom Typ "Bewegung" mit dem Befehl Freiheit hinzufügen, Bewegung hinzugefügt, um die Länge und Breite des Winkels zu implementieren. Für jede Freiheit werden dabei mehrere Punkte gewählt. Start- und Endpunkt der jeweiligen Kante werden als Bezugspunkte eingegeben:

 

Freiheit "Breite"

 

Freiheit "Höhe"

 

Anschließend werden zwei weitere Freiheiten vom Typ "Bewegung" hinzugefügt, um die Weite sowohl horizontal als auch vertikal anzupassen. Die erste wird "Weite" genannt:

 

Freiheit "Weite"

 

Die zweite Freiheit wird "W2" genannt und nutzt den Wert der ersten Freiheit als Referenz, d.h. der Soll-Wert der zweiten Freiheit wird mit "~Weite~" angegeben:

 

Freiheit "W2"

 

Die nächste Aufgabe steht darin, die Lage des Langloches und dessen Mittelpunktes (die Markierung) anzupassen. Dafür werden zwei weitere Freiheiten vom Typ "Bewegung" mit den Namen "W3" und "W4" benötigt. Für die vertikale Bewegung werden das Langloch selbst und der Mittelpunkt gewählt, für die horizontale Bewegung nur der Mittelpunkt. In beiden Fällen wird als Soll-Wert "0,5 * ~Weite~" eingegeben:

 

Freiheit "W3"

 

Freiheit "W4"

 

Schließlich soll sich das Langloch noch drehen lassen. Dazu fügen wir mit Freiheit hinzufügen, Drehung eine Freiheit vom Typ "Drehung" hinzu, für die die vier Punkte des Langloches gewählt werden:

 

Freiheit "Rotation"

 

Um sicherzustellen, dass das Langloch um den korrekten Bezugspunkt gedreht wird (welcher von zwei der zuvor definierten Freiheiten bewegt wird), fügen wir der Freiheit "Drehung" nun mittels des Befehls Dynamischen Bezugspunkt setzen die Markierung als dynamischen Bezugspunkt hinzu:

 

Dynamischen Bezugspunkt zu Freiheit "Drehung" hinzufügen

 

Das war es dann schon - der parametrische Verbund ist fertig zur Nutzung. Verwenden Sie den normalen Befehl "Text editieren" von CAD6, um die Werte der Freiheiten zu bearbeiten und damit die Parameters des Verbundes zu ändern.

 

(Dieser Verbund ist als Beispielzeichnung mit dem Dateinamen Beispielverbund.mkd verfügbar.)

 

Um zu verdeutlichen, wie er funktioniert, verändern wir mal alle fünf grundlegenden Parameter des Verbundes, um zu sehen, wie sich der Verbund verändert:

 

 

Um das tägliche Arbeiten mit diesem Verbund einfacher zu machen, ist es sinnvoll, zwischen "primären" und "sekundären" Freiheiten zu unterscheiden. Markieren Sie jede Freiheit, die häufig bearbeitet werden wird (in diesem Beispiel: "Bohrung", "Länge", "Breite", "Weite" und "Drehung") als primär. Dann setzen Sie im Dialog zum Bearbeiten dieses Verbundes das Häkchen bei "Nur primäre Freiheiten anzeigen", um nur noch die Freiheiten in der Liste angezeigt zu bekommen, die Sie tatsächlich bearbeiten möchten:

 

 

Falls die Markierung, die als Bezugspunkt für die Drehung benutzt wird, stört, kann diese mittels einer Freiheit "Sichtbarkeit" mittels Freiheit hinzufügen, Sichtbarkeit versteckt werden, indem dafür nur die Markierung gewählt wird:

 

Freiheit "Sichtbarkeit"

 

Die Freiheit erhält den Namen "Sichtbarkeit" und den Sollwert "0,0" – ein Sollwert von 0 führt dazu, dass die gewählten Punkte (in diesem Fall die Markierung) ausgeblendet werden. Sind die Punkte Teil von Konturen innerhalb einer Kurve oder Fläche, wird mit diesen Punkten jeweils die gesamte Kontur versteckt. Durch Verwendung von bedingten Anweisungen im Soll-Wert (zum Beispiel "{? ~Weite~ < 30 {0}{1}}") können Punkte, Konturen und Objekte abhängig von numerischen Bedingungen dynamisch ausgeblendet werden.

 

Wenn Sie von "außen" auf den Wert einer Freiheit zugreifen möchten, können Sie dies in Textobjekten mittels Objektattributen (Variablen der Form ~*a(UniqueID)AttributeName~) tun, siehe Attribute.

 

Falls Sie Fragen dazu haben, wie Sie parametrische Verbünde am besten verwenden, wenden Sie sich gerne an uns!

 

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